Peter Hahne · Meer und Medien

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aus PALSTEK 2/02

Test: Sunbeam 24

Schnell, sportlich und doch einfach zu segeln: Mit der Sunbeam 24, die den Klassiker Sunbeam 22 ablöst, will die österreichische Werft Schöchl auch Neulingen zeigen, wie viel Spaß Segeln machen kann

"Segler werden immer jünger; die Achtzigjährigen gehen heutzutage joggen." Mit dieser Überzeugung begründet Vertriebschef Gerhard Schöchl das Engagement der von ihm und seinem Cousin Manfred Schöchl geführten Werft im Kleinbootbereich. Tatsächlich zählt die 1968 von E. G. van de Stadt gezeichnete Sunbeam 22 mit 1.500 gebauten Einheiten zu den Verkaufsschlagern von Schöchl Yachtbau. Das Boot ist in die Jahre gekommen und wird seit 2001 nicht mehr gebaut. Auch die Produktion der etwas größeren Sunbeam 23 hat Schöchl eingestellt. "Heutzutage kommen die jungen Leute mit Körpergrößen von 1,85 Metern und mehr daher. Da muss die Koje mindestens zwei Meter lang sein; so was können Sie mit gutem Gewissen nur auf Booten von 24 Fuß Länge an realisieren", weiß Technikchef Manfred Schöchl.

Konstrukteur der 24, die im Herbst 2001 der Öffentlichkeit vorgestellt wurde, ist Georg Nissen. Die Linien des Bootes sind typisch für die heutige Konstruktionsphilosophie: Kurze Überhänge, ein fast senkrecht stehender Steven und ein im letzten Drittel liegender, breiter Hauptspant, der nach achtern kaum schmaler wird, sollen das Boot schnell machen und dafür sorgen, dass es sich nicht im eigenen Wellensystem "festbeißt". Außerdem verbessern diese Merkmale das Raumangebot unter Deck.

Der Spiegel enthält eine große Öffnung: Hier kann überkommendes Wasser schneller abfließen als durch Lenzrohre im Cockpit, deren Bau zudem aufwändiger ist. Darüber hinaus unterstreicht der offene Spiegel das sportliche Aussehen des Bootes. Die Schöchl-Cousins schätzen nach eigener Aussage Segler, die mehr Wert auf ein gelungenes Deckslayout und eine gute Segelausstattung legen als auf üppigen Wohnkomfort unter Deck. Dem entsprechend wirkt die Sunbeam 24 im Wohnbereich zweckmäßig, aber nüchtern, während sie an Deck mit einigen Raffinessen aufwartet.

Unter Motor

Unter Motor haben wir die Sunbeam 24 nicht gefahren. Das Boot lässt eine Vielzahl unterschiedlicher Motorisierungen zu: Es kann je nach Einsatzgebiet und Geschmack des Eigners wahlweise ein Außenborder, ein Schachtmotor, ein Einbaudiesel oder ein Elektromotor gefahren werden. Da wir nicht die ganze Palette ausprobieren konnten und uns das Betrachten von nur einer Variante wenig zweckmäßig erschien, haben wir auf die Motorfahrt ganz verzichtet. Die Sunbeam 24 ist außerdem wendig und handlich genug, um Manöver selbst in engen Häfen problemlos unter Segeln fahren zu können. Voraussetzung ist natürlich, dass der Wind weht.

Unter Segeln

Auffallend ist das Rigg der Sunbeam 24, ein nach seinem schwedischen Erfinder benanntes Bergström-Rigg. Dieses 7/8-Rigg wird ohne Achterstag gefahren. Gehalten wird der Mast von Ober- und Unterwanten sowie Diamondstagen, die vom Vorstagbeschlag ausgehen, über die Salinge abgespreizt werden und dann etwa auf Höhe des Lümmelbeschlages wieder am Mast ansetzen. Die Unterwanten sind von der Saling zum Deckshausdach gespannt, während die Oberwanten durch die stark gepfeilten, ausladenden Salinge so weit abgespreizt werden, dass sie von den Salingnocks aus fast senkrecht nach unten zu den Püttings an der Decksaußenseite führen.

Nun fragt man sich, wozu ein 7/8Rigg ohne Achterstag gut sein mag: Ist nicht der entscheidende Vorzug dieses Riggs, dass man mit der variablen Mastkrümmung ein mächtiges Werkzeug zum Einstellen des Großsegelprofils erhält? Zum Krümmen des Mastes ist aber das Achterstag erforderlich.

Die Schöchls möchten Seglern ein Boot mit vereinfachter Bedienung bieten: "Zum richtigen Einsatz des Achterstags gehört eine Menge Erfahrung, und Sie müssen die Achterstagspannung unterwegs besonders bei böigem Wind ständig neu anpassen. Gerade Segeleinsteiger sind hier überfordert und nutzen ihr Werkzeug nicht oder nicht richtig.

Das konventionelle 7/8-Rigg bietet nicht nur die Möglichkeit, mit dem Achterstag den Mast zu krümmen und so das Groß abzuflachen. Ein weiterer Vorzug liegt darin, dass Sie die Vorsegelgröße erheblich seltener verändern müssen als in einem Topprigg; das gilt natürlich auch für das Bergström-Rigg."

Im diesem Rigg gewährleistet die Anordnung von Ober- und Unterwanten in Verbindung mit den Diamondstagen, dass sich der Mast in Böen nach vorn krümmt und das Großsegel gewissermaßen "automatisch" abgeflacht wird, wenn es notwendig ist. Den Masttrimm kann man also dem Rigg selbst überlassen.

Damit das wie vorgesehen funktioniert, sind die Oberwanten sehr hart gespannt, die Diamondstagen bekommen erheblich weniger Spannung, und die Unterwanten werden nur "handwarm" angezogen. Mit dieser Einstellung hat man für ein breites Spektrum von Wind- und Seegangsbedingungen einen Trimm, der schnelles Fahrtensegeln gestattet. Wer's rasanter mag, kann mit veränderter Unterwantspannung noch etwas mehr Leistung aus dem Rigg "kitzeln". Dank des fehlenden Achterstags kann der Segelmacher das Achterliek des Groß sehr stark ausstellen. Ein elliptisch geschnittenes Segel ist aerodynamisch effektiver als eines mit geradem Achterliek. Außerdem lässt das ausgestellte Achterliek eine bei gleichbleibender Mastlänge größere Segelfläche zu. Die beiden oberen Segellatten des Groß gehen bis zum Mast durch, um das gerundete Achterliek zu stützen. Die anderen Latten sind konventionell.

Wir setzen im kleinen Hafen von Traunkirchen am oberösterreichischen Traunsee das Groß und rollen die Genua aus. Der Wind weht überwiegend aus westlichen Richtungen und ist sehr unstet: Mal fächelt er sanft über die Seeoberfläche, mal frischt er in Böen kräftig auf. Das sei hier ganz normal, versichern mir meine Segelpartner. Platt vor dem Laken segeln wir aus dem Hafen und gehen draußen an den Wind. Schon ein leichter Zug reicht aus, um das Boot in Bewegung zu bringen.

Böen setzt die Sunbeam 24 mit nur wenig Verzögerung in Fahrt um: Zunächst legt sie sich "auf die Backe", um dann mit sauber abreißender Strömung am Heck davon zu rauschen. Mit halbem Wind überschreiten wir die theoretische Rumpfgeschwindigkeit um fast einen ganzen Knoten.

Mit Pinne und Ausleger lässt sich das Boot sicher steuern. Die Ruderkräfte nehmen mit der Krängung spürbar zu, doch selbst wenn das Süll ins Wasser taucht - die Krängung dürfte dann 35 Grad und mehr betragen - bleibt die kleine Yacht beherrschbar. Dabei liegt sie lebendig wie eine Jolle auf dem tief reichenden Balanceruder. Die Wende absolviert sie ohne spürbaren Fahrtverlust und legt sich auf dem neuen Bug gleich wieder an den Wind. Den 360-Gradkreis durchfahren wir mit stehenden Segeln in nur 14 Sekunden.

Stellt man die Pinne mit der standardmäßig vorgesehenen Arretierschraube fest, läuft das Boot - sofern die Segelstellung stimmt - brav geradeaus. In Böen luvt es leicht an, um gleich wieder abzufallen, sobald die Böe vorbei ist. Auf Regatten soll die Sunbearn 24 mit einer dreiköpfigen Crew gefahren werden; wer will, kann jedoch problemlos auch einhand segeln.

Einen Traveller für die Großschot muss man auf der Sunbeam 24 als Extra bestellen; standardmäßig läuft die Schot auf einen festen Fußpunkt auf dem Cockpitboden. Den Twist des Großsegels stellt man mit einem trimmbaren Rohrkicker ein. Das funktioniert einwandfrei, außerdem gewinnt man dank des fehlenden Travellers Raum im Cockpit.

Die Segel des österreichischen Segelmachers Raudaschl - auf Wunsch sind auch Elvström-Segel lieferbar - stehen gut. Die Leitschienen für den Genuaholepunkt sind richtig platziert; leider lässt sich der Holepunkt nicht unter Last verstellen.

Gefährlich: Der Baum hängt sehr niedrig über dem Cockpit, so dass man in Wenden den Kopf einziehen und sich vor dem Wind vor Patenthalsen schützen muss.

Die Sitzposition auf den Duchten ist recht angenehm; breite Gurtbänder in der Reling weisen aber darauf hin, dass zumindest am Wind die hohe Kante als Sitz für den Rudergänger und die Crew gedacht ist. Tatsächlich kann man sich hier bequem anlehnen, doch vermisse ich in dieser Position eine Abstützmöglichkeit für meine Füße. Die Sicht nach Lee voraus ist hier oben durch die Segel stark eingeschränkt. Auch um die Trimmfäden an der Genua beobachten zu können, muss ich ins Cockpit hinuntertauchen und unter dem Groß hindurchpeilen.

Da das Unterwant innen ansetzt und das Oberwant von der breiten Saling aus fast senkrecht zur Rumpfaußenseite führt, ist der Gang aufs Vorschiff unversperrt. Der Handlauf auf dem Deckshausdach sollte länger sein. Eine rutschfeste Struktur auf dem Deck ermöglicht sicheren Stand.

Die Sunbeam 24 kann raumschots wahlweise mit Spi, Blister oder Gennaker gesegelt werden. Der Gennakerbaum wird durch ein gepolstertes Auge im Heckkorb geführt und an einem Beschlag vor dem Deckshausluk gesichert.

Wir nutzen den Testtörn, um ein spezielles Leichtwindsegel für vollere Kreuz- und Halbwindkurse auszuprobieren: Es hat den klangvollen Namen Utility Power Sail (UPS) und wurde erstmals auf dem Whitbread Rennen 1993/94 eingesetzt. Vom Gennaker unterscheidet es sich durch sein gerades Vorliek, dank dessen es sich einrollen lässt. Eine Endlosrolleinrichtung am Hals, die mit einem kurzen Stropp an der Gennakerbaumnock angeschlagen wird, und ein Toppwirbel ermöglichen, das Segel im eingerollten Zustand zu setzen und zu bergen. Damit entfällt die Notwendigkeit, auf dem engen Vorschiff unter Umständen mit zahlreichen Quadratmetern eines wild schlagenden Leichtwindsegels kämpfen zu müssen. Die Angst vor diesem Kampf hält viele Fahrtensegler davon ab, die Freuden des Gennaker- oder Spisegelns zu genießen. An der Kreuz wendet man mit dem UPS so wie mit einer Genua.

Das für die Sunbeam 24 gefertigte UPS, das wir ausprobieren, ist ein Prototyp. Sein Handling sollte noch verbessert werden; insbesondere die Rolleinrichtung funktioniert erst, als Rauclaschl-Mitarbeiter Robert Erhart nach vorn geht und den Roller mit der Hand dreht. Die Leistung des Segels überzeugt dann: Es stellt keine besonderen Ansprüche an den Trimm, arbeitet auch am Wind und lässt das Boot schon mit flauem Wind laufen.

Unter Deck

Hier bietet die Sunbeam 24 ausreichenden Komfort in einem nüchternen Ambiente. Auf den gut gepolsterten Längssofas im Salon sitzt man sehr bequem; der Rücken wird von einer richtig positionierten schmalen Lehne perfekt gestützt.

Unter dem Niedergang ist Platz für eine Kühlbox, und eine gegen Aufpreis erhältliche Schiebepantry enthält Kocher, Spüle und einige Schubladen. Der Salontisch lässt sich mit einem Handgriff aus seiner Halterung ziehen und kann dann auch im Cockpit eingesetzt werden. In einem großen Schrank kann die Crew ihr Reisegepäck stauen.

In der durch ein Schott abgetrennten Vorkammer ist eine Dreieckskoje untergebracht, die auch im Fußbereich angenehm breit ist. Unter dieser Koje ist Platz für ein Porta Potti und weiterer Stauraum.

Fazit:

Die Sunbeam 24 ist ein schnelles kleines Schiff, das nur geringe Ansprüche an seglerisches Können stellt. Segeleinsteiger können hier ohne viel Aufwand die Freuden sportlichen Segelns genießen, aber auch Regattafreaks dürften Freude an diesem Boot haben.

Der verhältnismäßig hohe Preis des segelfertig ausgerüsteten Bootes ist durch die gute Bauqualität und die hochwertige Ausstattung gerechtfertigt.

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