Peter Hahne · Meer und Medien

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aus PALSTEK 5/02

Das Wetter...

Schwere Gewitter, Böen in Hurrikanstärke, Dauerregen und Überschwemmungen - der europäische Sommer 2002 hat es in sich. Statt im T-Shirt sitzen die Segler im Ölzeug an der Pinne, treiben in öligen Flauten oder müssen in plötzlich hereinbrechenden Stürmen um die Riggs ihrer Boote fürchten.

Für die Medien scheint der Fall klar: Was wir in diesem Sommer erleben, sind die Auswirkungen einer menschgemachten Klimaveränderung, so heißt es. Die Theorie klingt überzeugend: Als Folge der industriellen Produktion, des Verkehrs und anderer Prozesse entstehen Gase - besonders das Verbrennungsprodukt Kohlendioxid -, die in der Atmosphäre wie das Dach eines Treibhauses wirken. Sie reflektieren von der Erdoberfläche abgestrahlte Wärme und verursachen so eine stetige Erwärmung der Troposhäre, der unteren Schicht der Atmosphäre.

Wärmere Luft aber kann mehr Wasser in Form von Wasserdampf aufnehmen und sie ist energiereicher als kältere. Nun sind Temperatur und Feuchte innerhalb der Troposhäre nicht gleichmäßig verteilt. Trifft eine sehr warme und feuchte Luftmasse auf eine deutlich kältere, kommt es zu einem Ausgleich der unterschiedlichen Energiezustände und der unterschiedlichen Feuchte in Form von Unwettern mit sintflutartigem Regen. So weit sind sich die Wissenschaftler einig.

Nicht einig sind sie dagegen in der Einschätzung der Klimaveränderung. In den vergangenen 100 Jahren seien die Temperaturen in den unteren Schichten der Atmosphäre um 0,7 Grad angestiegen - für das empfindliche Klimasystem in der Tat ein beachtlicher Wert. Fraglich ist allerdings die Güte der Temperaturmessungen. Wetterdaten der großen Ozeangebiete stammen beispielsweise zu einem großen Teil von Handelsschiffen, die naturgemäß nur innerhalb bestimmter Handelsrouten messen. Dort wo nicht gemessen wird, müssen Daten in fehleranfälligen Wettermodellen hochgerechnet werden. Auch Satellitenmessungen sind eine Errungenschaft der modernen Zeit - und selbst sie sind nicht immer eindeutig. So registrierten acht von der National Oceanic and Atmospheric Administration (NOAA) betriebene Satelliten zwischen 1997 und 1995 eine jährliche Abkühlung der Troposphäre um 0,05 Grad - ein Widerspruch zur vermuteten Erwärmung. Es stellte sich dann heraus, dass die gemessene Abkühlung auf ein langsames Absinken der Satelliten zurückzuführen war.

Klimaforscher, wie der Hamburger Mojib Latif, verweisen vorsichtig darauf, dass Wetteranomalien durchaus normal seien und extreme Wettersituationen auch ohne menschliches Verursachen auftreten könnten. In der Häufung von Extremen sieht Latif allerdings einen besorgniserregenden Hinweis auf eine Klimaveränderung, die bereits nicht mehr aufzuhalten sei.

Ganz anderer Ansicht ist der Berliner Meteorologe Horst Malberg. Sommer mit Starkregen wie der des Jahres 2002 träten regelmäßig alle paar Jahrzehnte auf; dies sei anhand von historischen Wetteraufzeichnungen nachzuweisen. Wetter und Klima würden überwiegend von der Sonnenstrahlung beeinflusst, die wiederum periodischen Schwankungen unterworfen sei. Die von Menschen in die Atmosphäre freigesetzten Gase würden nur eine Nebenrolle im Wettergeschehen spielen.

Auch wenn der Zusammenhang von Klimaveränderungen und menschlichen Eingriffen in die Natur nicht bis ins letzte Detail geklärt ist, gilt es doch, diese Eingriffe so schonend wie möglich vorzunehmen. Der Schutz der Umwelt ist eine vorrangige Aufgabe für jede technisierte Gesellschaft. Darüber hinaus müssen wir uns aber wohl damit abfinden, dass auch eine weit entwickelte Zivilisation Naturgewalten nicht gänzlich beherrschen kann. Eine Erkenntnis, die Seglern vertraut ist: Wer auf hoher See mit einem kleinen Boot unterwegs ist, nutzt die Kraft der Elemente, ohne sie jemals unterwerfen zu können. Gerade darin liegt wohl ein Hauptreiz des Segelns...

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